Lyrik & Gedichte
Josefstädter Markt
raue Hände
wuchten Körbe
betten Petersilien
türmen Zwiebeln
auf Steintische
herzen Kirschen-
juwelen,
mit dem Kirschkern
ein frecher Spruch
ausgespuckt
bis der Preis kippt
eine Handvoll abgeluchst
es kracht
ein Messerstich bricht
das Herz
der Wassermelone
Millionen Kerne auf
Wanderschaft
...
© Katharina Eismann
Herbsterwachen
Impressionen im Adam-Müller-Gutenbrunn-Haus,
Juni 2006
Für unsere Lieben erbaut von fleißiger Hand
Bestückt mit Relikten aus einer anderen Zeit
Nichts scheint mehr zu sein, wie es mal war
Erinnerungen beim Blick über die Dächer der Stadt
Beinahe am Ziel auf der Reise des Lebens
Sind alle willkommen auf der Bank dort im Grünen
Den Lebensabend genießen, vertieft ins Gespräch
Zuflucht gefunden im Glauben, im Herrn
Vergangene Tage in Falten gelegt
Zähren trüben dann und wann den Blick
Die Weisheit des Lebens ins Gesicht geschrieben
Erinnerungen und Träume für immer ins Herz gebrannt
Verbleibende Fragmente eines langen Lebens
Auf wenige Quadratmeter zurechtgestellt
Das Lächeln der Liebsten hinter Glas eingerahmt
Leben fernab im Westen, Besuchszeit ist selten
Lange Flure durchflutet von leiser Musik
Erzählt von einstigen Tagen und glücklichen Stunden
Verhallt ungehört vor geschlossenen Türen
Der Ruf des Herrn allein durchdringt sonntags die Stille
Was bleibt ist die Hoffnung auf Würde und Beistand
Ein Stück Gemeinschaft auf dem letzten Schritt des Weges
Wenn Augen sich schließen und der Atem versiegt
Verbleibt ein liebevolles Lächeln in unseren Herzen
© Roswitha Ziegler
Temeswar
Noch manches schwere Tor steht offen heute,
daran sind nicht allein die Träume schuld;
just spannt ein Straßenzug die Flügelweite,
hoch über Brunnenstrahl und Zeitgeduld.
Die Bega windet ihre Spiegelschleife
Durch Rosengärten – wie aus Biedermeierzeit,
vorbei an Ufertreppe, Marktgekeife,
Ausweg suchend aus der Weltverschlossenheit.
Der alte Dom blickt ernstvoll in die Szene
des blauen Abends mit dem neuen Schick,
Gebrochen spannt sich eine Feuersehne
Von Funkantennen, unter Beatmusik.
Am Corso zwinkern Spatzen nach den Paaren,
aus dichtem Astwerk und vom Dachgebälk;
so war es schon, in König Roberts Jahren:
in dieser Stadt wird Liebe niemals welk.
Des Aufruhrs Heimstatt und der Feuerkrone,
in dunkles Sterben strahlt ein Fackelschein,
entfacht von abertausend Kommilitonen
im Jugendeifer – Start zum Anderssein.
Die Brücken weiten jedem Ring die Grenzen
der steten Eintracht – die niemals zerbricht,
an Herzensengen und an Zeitkarenzen:
lieb’ Temeswar, du Stadt der Zuversicht.
© Hans Bohn
Dorfsommer im Banat
Noch stehen sie – die alten Häuser
vereinzelt gar im neuen Glanz,
doch in den Höfen wird es leiser,
die Gartenpracht verschwunden ganz.
Und auf den menschenscheuen Straßen
mehrheitlich PKWs zu sehn;
die Zweibeiner das Gehn vergaßen,
Gestalten bloß vor Kneipen stehn,
gestikulierend, keifend lärmen,
der Gegenwart so zu entfliehn,
im Sonnenlicht die Hüllen wärmen,
nach leeren Gläsern weiterziehn.
Ihr ödes Alltagslebentreiben,
endlos verstrickt jahraus, jahrein.
Die Aussichtslosigkeit wird bleiben
und chancenlos so mancher sein.
© Hans Dama
Springbrunnen
Komm,
treffe mich erneut am Springbrunnen,
das Wasser glänzt heute
seidig und samt
wie dein Augenlicht
und spiegelt das Sonnenlicht
in deinem Gesicht
so sinnlich,
so bunt und so rein.
Die Fische speien Wasser
seit Jahren
sie haben ein Herz
und bewahren
Erinnerungen auf
von Lippen
die im Glanz ihrer Strahlen
Liebe und Glut erstrahlen
ließen
und Schwüre gehaucht
im Sonnenschein
purpurner Edelstein.
Und ich
kann es kaum erwarten
dein Gesicht im sprudelnden Garten
sanft zu ergreifen
dir
nochmals so nahe zu sein.
Sonnenlicht streichelt
dein goldenes Haar
wie damals, vor etlichen Jahr
als deine Lippen
so glänzend und rein
mich
flüsternd fragten
bist du noch mein?
© Ernst Temeschburger
Mein Temeschburg
In Temeschburg, in Temeswar,
Man nenn die Stadt wie immer
Da verbrachte ich so manches Jahr
In jugendlichem Schimmer.
Ich kannte noch die Feste
Ihrer mittelalterlichen Zeit –
Die Kasematten der Mauerreste,
Vom Siebenbürger Tor nicht weit.
Ein Stück der Festungsmauer
Blieb uns bis heut erhalten,
Für den historischen Beschauer,
Aus der Zeit, der „schönen“, alten.
Das Schloss es steht erhaben
An seinem angestammten Ort,
Verschwunden ist der Graben,
Die Sümpfe alle ausgedorrt.
Nur die Bega fließt gebändigt,
verschönt die Stadt mit ihrem Reiz,
Die Brücken baute man aufwändig,
Beliebt, geschätzt sehr allerseits.
An ihren Ufern zu lustwandeln,
ist für Liebespaare schön;
Die Hoffnungsvollen angeln –
Man kann beide gut versteh‘n.
Auch ich ging dort spazieren
Mit meinem Liebchen Hand in Hand,
Im Herzen frohes Jubilieren,
Weil lautr‘e Liebe uns verband.
Drum denk ich wohl so gerne
An die Stadt Temeschburg zurück…
Der Rückblick aus der Zeitenferne
Besieht ein oft verklärtes Glück.
Wir gingen dort zur Schule
Und erlernten ‚‘nen Beruf.
Die Anstrengung, die einzig kluge,
Die die Grundlage fürs Leben schuf
Mit wenig Mitteln oft bedacht,
Wo das Kleingeld nicht nur fehlte,
Haben trotzdem wir getanzt, gelacht,
Wenn der Hunger auch den Magen quälte.
Wie oft sind wir Tram gefahren
Und hatten keine Karten!
Der Schaffner „schätzte“ das Gebaren,
Dass wir an Banis sparten.
Wir haben sie d‘rum lieb gewonnen,
Mit ihrem Tingeln durch die Stadt,
Sind wir auch zu spät gekommen,
Weil Pannen es gegeben hat.
Der Domplatz mit dem Dome,
Dem Brunnen, der Dreifaltigkeit,
Aus Zeiten kaiserlichen Krone
Sind Zeugen der barocken Baulichkeit.
Das Lloyd, die Kathedrale,
Die Oper und der Corsolauf
Sind Erinnerung für alle
Vom Flanieren ab und auf.
Es gibt viele schöne Flecken,
Vom Friedhof bis zum Wasserturm,
Und an so manche stille Ecken
Hat man eigene Erinnerung.
© Matthias Plack
Der Dom
Steine bleiben stumm,
Manchmal geht die Wehmut
von Bank zu Bank
Und denkt an Kerzenlicht,
Gesang und heiliges Latein.
Hier sang einmal ein Knabe,
heute ein Greis mit hellem Blick.
Er hütet das Gestern
als Gottes Geschenk und weiß,
der Dom in Temeswar bleibt
wo immer in der Welt ein Zuhause.
Kirche in der Fabrikstadt
Unter zwei hohen Türmen
verhallt im romanischen Schiff
Gottes Wort am Altar und enteilt
als fliehendes Echo.
Der Orgel Sturmakkorde durchwirbeln
den stabilen Bau und schmiegen sich
an die kühlen hohen Wände.
Der liebe Gott verhält sich als Staubkorn
und segnet seine betenden Knechte.
Innerstädter Pfarrkirche
Betrittst du den sakralen Bau
in der Stille des Vormittags,
sprichst dein Gebet gleich Falterflug
über Gräser, und dir erwacht soviel Demut,
daß du damit vor den Herrgott
ohne geneigtes Haupt treten könntest.
Der Beichtstuhl aber lächelt,
als verziehe er dir jedes dunkle Wort
nach deinem innigen Amen.
Pfarrkirche in der Josefstadt
Wie oft sang hier dein Diener
in der wohltuenden Akustik
und vermittelte Gesänge als Gebet.
Alter, schöner barocker Bau,
behalte deinen Zauber
wie die Rose ihren Duft
und der Himmel seine Sonne.
Kirche in Freidorf
Hier trug der Sonntag einst ein Festkleid
und Gesichter voller Glanz und Licht.
Hier sprach das Herz mit seinem Gott
und sang froh die alten Lieder
zum Latein des Priesters –
Wohin ist das alles, wohin?
Kirche in der Mehala
Pater Johannes, wie waltest du hier!
Leis wie der Duft einer Ähre
wirkt dein Wort als Balsam,
als hätte es Gott eben gesegnet.
© Hans Mokka
Heimweh
Wo bist du schönes Land,
wo meine Wiege stand,
wo mich die Mutter pflegte,
der Vater mich umhegte
mit fester, harter, starker Hand?
Wo bist du, Dörflein traut,
wo sich der Storch erbaut
ein Nest hoch über Gassen,
die ich gar lang verlassen
und immer nur im Traum erschaut?
Wo seid ihr Felder weit
Voll reicher Herrlichkeit,
ihr Wege ohne Ende,
du breites Flurgelände,
zum Geben, Spenden, stets bereit?
Wo bist du, altes Haus,
umschwirrt vom Lichtgebraus,
mit seinem alten Giebel,
wo in der Hand die Fibel
ich hin und her ging, ein und aus?
Wo bist du, alter Turm,
daran der Zeiten Wurm
nagt seit zweihundert Jahren,
wo meine Ahnen waren
und widerstand jedem Sturm?
Auflesen Stück für Stück
Möchte ich das heitre Glück
der ersten Kinderjahren.
Im Geiste eile, fahre
Ich immerdar zu ihm zurück.
© Peter Barth
Täglich
Täglich
kreuzt Du meinen Weg
wenn ich über den Freiheitsplatz
Heim gehe.
Täglich
steigst du in die gelbe Tram
und formst mir,
deine Nase ans Fenster gedrückt,
einen Kussmund
dass mir Hören und Sehen vergeht.
Nur die Hitze
die in meine Kniekehlen schießt,
bremst mich gewaltig,
sonst spränge ich auf
und gäb’ keine Ruh
bis dein Glutmund
so gierig,
den meinen umschließt.
Oh, du Heilige,
gelbe,
heiße Temeswarer Tram,
täglich,
wart’ ich auf dich!
© Ernst Temeschburger
Banater Schicksal
Gemeinschaft zerstoben,
gespült von den Wogen
im zeitlichen Lauf.
Was mühsam geworden
mit Mühen und Sorgen,
ist schlagartig aus.
Familien zerschlagen,
vom Schicksal getragen,
von Winden verweht.
Die Zeit löscht die Wege,
setzt alles in Schwebe
vernichtend und kalt…
Nur Spuren gar selten
erinnern an Welten,
an einstiges Sein.
Das War und Gewesen
in Schriften zu lesen
als Zeugen der Zeit.
Erinnerung wühlet
im Geist und umspület
vergangenheitstreu.
© Hans Dama
Unser Herz
Temeschwar, des muß ich nenne
unser Herz un unser Haapt,
Vatter, Mutter, mecht ich menne,
han des gradso schun geglaabt.
Was de Mensch an Schule gwinnt,
weeß e manches Schwowekind.
Prinz Eugenius hats erowwert
un de Therk is nimmi kumm,
unser Siddler han gerowwert,
vor de Pescht verschrock un stumm.
Endlich war die Not verjaat,
stats de Sumbe grien die Saat.
Hinner Tore, Wall und Grawe
war zuerscht net vill zu gsiehn,
awwer unser feschte Glawe
hat uns gsaat: Des get Kleen-Wien.
Un en fufzich harte Johr
war die Stadt e Blummeflor.
Un en hunnert ganz en Gala!
Hinner Parks em runde Reef
die Fabrik un die Mehala,
Josefstadt und Meierheef.
Un die Glocke wie in Rom
rufe uns en unser Dom.
Deitsch un schwowisch un rumänisch,
ungrisch, serwisch um die Wett,
manchsmol nor e bißl hehnisch,
meerschtns freindlich werd geredt.
Un ich menn, des bleibt, wies war:
Unser Herz is Temeschwar.
© Hans Wolfram Hockl
Erneut im Elternhaus
Erinn‘rung tropft aus Nostalgie,
straßauf-straßab ich schreite;
so lebhaft fühlte ich noch nie
Vergangnes mir zur Seite.
Die Wege damals wie auch heut,
jedoch viel ungepflegter.
Tristesse herrschet, nichts mehr freut
mich, mein Gemüt bewegter.
Wo Gärten blühten, Duft gestreut
in Überschwänglichkeiten …
Zurzeit ein endlos Gärtnerleid
In neuen freien Zeiten.
Wohl kuscheln Häuserzeilen sich
vertraut eng Seit an Seite;
ich strebe fort, beeile mich,
mein Gang mich heimwärts leite.
Der Bau verludert – welch ein Graus,
abbröckelnd Schichte um Schichten,
steh vor bedauernswertem Haus,
die Blicke sich nicht lichten.
Vor wunden Mauern, im Gehöft
sind Zaun und Tor verschwunden;
kühlender Brunnen totgeschöpft
im Leerstall Löcher runden
und laden Wind und Wetter ein
im Inneren zu hausen.
Wie mag es in den Zimmern sein?
Darob kommt mir das Grausen.
Gar mancher so wie ich erlebt;
Gedächtnis – mach mal Pause!
Verlassen, öd – das Herz mir bebt:
War das mal mein Zuhause?
Trotz Wehmut, heißt’s gelassen sein:
Noch steht aus Kindheitstagen
mein „Tempel“ mit verblasstem Schein,
jetzt darf ich nicht verzagen.
Der Vorsatz, stark zu bleiben –, gut:
Muß schleunigst mich entfernen –
geschieden – doch mit frischem Mut,
such Zukunft ich in Fernen…
© Hans Dama
Heimat?
„Heimat“ ist ein liebevoll erkor'nes Wort.
Heimat ist der traute, friedliche Ort,
Wo man Geborgenheit im Inneren verspürt,
Wo man Menschenwärme beruhigend fühlt.
Heimat ist alles, woran das Auge sich labt,
Alles Schöne, was Gott, der Herr uns gab.
Die reichen Fluren, wie ein Teppich gewebt,
Der Blütenzauber, den der Wind sanft umweht.
Heimat ist unsrer Kirchen Glockenklang,
Der unser Herz erfüllt mit festlichem Gesang,
Der Zauberhimmel, der uns schützend bewacht
Am hellen Tag und auch in stiller Nacht.
Heimat ist-wo die Jungen und die Alten
Sich getreu an Sitten und Bräuche halten,
Der Ort, wo jeder den anderen achtet und ehrt,
Helfend zur Seite steht, wenn man ihn begehrt.
© Margaretha Mayer
Frühaufsteherin
(Die Elektrische)
Mehltau schlummert auf Dächern und Hüten
die Allee ist noch nicht aufgetaut
übern Damm federt die letzte Nacht
ihr Atem länger als die Schlange
an der Haltestelle
Fratschlerinnen mit müden Augen,
glänzenden Salatbergen im Karren,
Arbeiterinnen in wollenen Tüchern
auf der Flucht vor der Nachtschicht
„Wo bleibt nur die Tram?“
​
...
© Katharina Eismann
Temeswar
Akazien in Blüte,
doch Häuser und Straßen
die Blüte vergaßen.
Der Sommer verblühte,
die Rosen im Garten
kein Lächeln erwarten,
denn Blicke erstarren,
einst golden sie waren.
Verstolperte Freude,
zu unserem Leide
ist alles vollbracht.
Verschließendes Waren,
verzögertes Werden…
Verhärmte Gesichter,
die Blicke kaum leichter
begegnen uns alt…
Die Bilder vertrüben,
den Abschied wir üben
verdrossen und kalt.
Banater Mai-Morgen
Schläfrig betasten sich
Himmel und Heide
im Rosakuss…
Ãœber taubeleckte Heide
Streichelt der Kipfelmond
Vingazwillingsturmkirche.
Lichtbewachten Dörfern
Entspringen
maulbeerfromme Landstraßen;
sie hasten dem Morgen entgegen:
endlos und stumm.
© Hans Dama
Banater Land
Verlorene Pfade der Zielstrebigkeit,
Traum und Zauber der Jugendzeit;
Balsam, der Herzen vom Argwohn befreit;
Muttersprache und Eigenheit
Hort der bleibenden Einmaligkeit,
Heimatstatt,
so nah und doch himmelweit.
Labender Quell der Ursprünglichkeit,
bleibst Du mir Warte und Lebensgeleit:
Heimat, für alle Zeit.
Temeschburg
Noch manches schwere Tor steht offen heute,
daran sind nicht allein die Träume schuld;
just spannt ein Straßenzug die Flügelweite,
hoch über Brunnenstrahl und Zeitgeduld.
Die Bega windet ihre Spiegelschleife
Durch Rosengärten – wie aus Biedermeierzeit,
vorbei an Ufertreppen, Marktgekeife,
Ausweg suchend aus der Weltverschlossenheit.
Der alte Dom blickt ernstvoll in die Szene
Des blauen Abends, mit dem neune Schick.
Gebrochen spannt sich eine Feuersehne
Von Funkantennen, unter Beatmusik.
Am Corso zwinkern Spatzen nach den Paaren,
aus dichtem Astwerk und vom Dachgebälk;
so war es schon, in König Roberts Jahren:
in dieser Stadt wird Liebe niemals welk.
Des Aufruhrs Heimstatt und der Feuerkrone,
in dunkles Sterben strahlt ein Fackelschein,
entfacht von abertausend Kommilitonen
im Jugendeifer – Start zum Anderssein.
Die Brücken weiten jedem Ring die Grenzen
Der steten Eintracht – die niemals zerbricht,
an Herzensengen und an Zeitkarenzen:
lieb´ Temeswar, du Stadt der Zuversicht.
© Hans Bohn
Temeschburg
Oh, Temeschburg du traute,
Einst wunderschöne Stadt,
Was ist aus Dir geworden,
du Hauptstadt vom Banat.
Wo sind die vielen Blumen?
Die vollen Gassen sind so leer
unter den vielen Leuten,
kennt man fast niemand mehr.
Den Klang der deutschen Worte
einst wohlvertraut, man hört ihn kaum
man fühlt sich fremd im Orte
und wandelt wie im Traum.
Die Häuser grau, zerfallen
alles sieht so anders aus
ich ziehe durch bekannte Straßen
und kenn mich nicht mehr aus.
Das Heimweh in mir brannte
magisch zog es mich zu Dir hin
Oh Stadt meiner Träume
wie verloren ich doch in Dir bin.
Du friedliche Stadt meiner Väter,
im Kampf um die Freiheit weltweit bekannt,
die Zeugen von Mut sind deine Gräber
wirst Heldenstadt heute genannt.
Verlassene Gräber
Verlassene Gräber
In unserer alten Heimat stehen,
ohne Blumen, ohne kerzenlicht,
und wenn die Jahre auch vergehen,
vergessen werden wir sie nicht.
Es sind die Gräber unserer lieben,
die alles einst dort für uns aufgebaut.
All dies ist dort geblieben,
was uns so lieb war und vertraut.
Noch zeugen die Marmorsteine,
von vergangenen Reichtum,
von verlorener Macht, von deutschen Namen,
wie der deine und der meine,
die versinken werden in der ewigen Nacht.
Verlassene Gräber
In unserer alten Heimat stehen,
ohne Blumen, ohne Kerzenlicht.
Fremde Menschen
Dort vorübergehen,
keiner ein Gebet am Grabe spricht…
(Aus „Wege des Lebens“ B. o .D. 2005)
© Helene Aubermann-Venturini
Fluss ohne Wiederkehr
Wer gibt uns unsre Jugend wieder,
die wir achtlos vergeudet,
in unsrer Ahnungslosigkeit verschleudert
bis sie zitternd enttäuscht,
auf purpurnen Flügeln,
das Weite gesucht?
Wer gibt uns noch mal
den süßen Stoff,
aus dem Kinderträume gewoben,
hinter Plüschaugen verschoben,
der auch heute noch
unsre geistigen Reservate gebucht?
Wer gibt uns unsre Altstadt wieder,
mit Türmen und Mauern,
die sorglos die Zeit überdauern,
mit Parks und mit Gärten,
nostalgischen Werten,
mit Corso und Dom,
mit Brücken in Jugendstil-Dekoration
frei von Proleten-Parolen,
frei von Lenin-Barock,
jedoch mit Strassen
und Herzen
und Seelen,
in unsrer alten Schwabenbastion?
© Ernst Temeschburger
Längst
hat es meinen
unter dem nussbaum vergessenen
weinkrug vollgeregnet
auch schneite es
auf so viele dinge
die mir einst
große freude bereitet hatten
nur mein schlaf blieb tief
zwei rappen
das glockenspiel des schlittens
die vertraute symphonie
des heidewindes
eine riesige daunendecke
ich umarme dich banater land
© Nikolaus Berwanger
Methode muss mer han
Frieher, in am schwowisch Dorf
De Jakob, Balzer un de Seitz,
Die wore großi Baure dort,
Doch greßer noch, des wor ihr Geiz.
Am Sunndach wore se mol ghuckt
Mitnand im selwe Kercheschtul,
Awer wie der Mesmer nächschter gruckt
Do is ne wor uf mol gar schwul.
Gforcht vum Mesmer han se sich net
Ûn Ängschter a net gschpiert,
Awer der leeri Klinglbeidl het
Se alldrei hellisch irritiert.
For des wore se, wie se´s Rapple ghert,
Vor Geitz schier halwer tod,
Awer lang hat se des a net gsteert,
Wal ne ingfall e Method:
Der Seitz is ufmol runnergfall
Als wär er vun de Freise gschlaa,
Die anerzwaa sin druf ufgstan
Un han ne aus der Kerch getraa.
© Bernd Haupt
Heimweh
Ich sehne mich zurück nach meiner
Kindheit,
nach grünen Parks,
nach frischer Frühlingsluft,
nach Pappeln und
nach Trauerweiden, die leise weinen,
nach Akazienduft.
Ich sehne mich zurück nach meiner
Vaterstadt,
nach alten Mauern,
Straßenlärm und Staub,
nach Sommerglut und gelben
Straßenbahnen,
nach Schulanfang,
Kastanien,
welkem Laub.
Ich sehne mich zurück nach rotem
Klatschmohn,
nach grünen Wiesen, die verspielt im Wind,
die müden Wogen an den Horizont
verweisen
und ringelspielend kreisen
bis die Nacht beginnt.
Ich sehne mich zurück ans Bega-Ufer,
nach Brückenpfeiler,
ehrfurchtsvollem Stein,
geheimnisvoll geschwungen,
hungrig eingedrungen,
tief
in mein Herz hinein.
© Ernst Temeschburger
Verlassenes Dorf
Aus dem Taubenschlag schwirren Mücken
sie sind schon längst aus dem Häuschen
die Betten noch ungemacht
das Dorf im Morgentaumel
ein Urwald aus Schatten
kriecht unterm Sauerkirschbaum
kätzchenwarm schnurrt’s
hinterm Dachrücken
aus Abfall und Verfall
© Katharina Eismann
Alte und neue Heimat
Die alte Heimat drin im Herzen,
trag ich ein Leben lang mit mir,
denk stets an sie mit alten Schmerzen,
daß ich sie noch einmal verlier.
Und doch, ich leb an neuem Orte,
der Brot gab mir und Heim und Glück,
und ohne viele große Worte
kam neue Heimat mir zurück.
Ich kann die Stätten nicht vergessen,
wo ich einst aufwuchs und gedieh;
wo mich die Kindheit hat besessen
- nein, diesen Ort vergeß ich nie.
Nicht gleich ist's mit den alten Dingen,
die einst der Jugend ideal;
doch unsre Heimatlieder klingen
im Herzen nach: "Es war einmal!"
unbekannt
Ferne alte Heimat
Stolz um die hohe Kirche da liegt mein Dorf verträumt,
von Mais und Weizen Feldern und Reben weit umsäumt.
Vor hellen Bauernhäusern im Frühling Akazien blühn,
und hoch am blauen Himmel die Störche Kreise ziehn.
Dies war mein Heimat Dorf im freundlichen Banat,
das jederzeit viel Freude und Leid gesehen hat.
Aus deutschem Lande zogen die Siedler einst daher,
200 Jahre stand hier der Ort der Schwaben fest,
und schufen aus den Sümpfen bald dieses Weizenmeer.
stand treu zur neuen Heimat, trotz Kriegen, Not und Pest.
Dies war mein Heimatort wo jeder sich gekannt,
wo viele Schicksalsschläge die Menschen fest verband.
Stolz um die hohe Kirche da liegt mein Dorf nicht klein,
ringsum reifen Mais und Weizen die Trauben für den Wein.
Im Herbst die reiche Ernte die Bauern heimwärts fahren,
gezogen von den Pferden sind die beladenen Karren.
Dies war mein Heimatort wo ich geweint, gelacht,
wo eine Zeitspanne meines Lebens ich hab verbracht.
Das Herz voll großer Hoffnung trieb’s uns zurück ins Land
da wo vor langen Zeiten der Ahnen Wiege stand.
Wir fanden hier die Heimat in Freiheit neues Glück,
und bauen für die Zukunft Stück für Stück.
Ist dieses alte Heimatbild auch längst Vergangenheit,
in unseren Herzen lebt und bleibt es schön für alle Zeit.
unbekannt
Die Donau fließt
Die Donau fließt und wieder fließt
Wohl Tag und Nacht zum Meer,
Ein´ Well´ die andere weiterzieht,
Und keine siehst du mehr.
All' Frühjahr kehren die Schwalben z'rück,
Der Storch kommt wieder her,
Doch die gen Ungarn zogen sind,
Die kommen nimmermehr.
Das Ungarland ist´s reichste Land.
Dort wächst viel Wein und Treid,
So hat´s in Günzburg man verkündt,
Die Schiff' stehn schon bereit.
Dort geit 's viel Vieh und Fisch und Gflüg,
Und taglang ist die Weid,
Wer jetzo zieht ins Ungarland,
Dem blüht die goldne Zeit.
Mein Schatz hat auch sein Glück probiert,
Doch nicht zum Zeitvertreib:
Und „eh der Holder dreimal blüht,
So hol ich dich zum Weib!“
Und sieben, sieben lange Jahr,
Die sind jetzt nun hinab.
Ich wollt, ich wär bei meinem Schatz
Doch niemand weiß sein Grab.
Auswandererlied aus Bayrisch Schwaben,
18. Jahrhundert
(Aus: An Donau und Theiß, Banater Lesebuch, München 1986)
Heimat
Du kannst sie tausendmal verlassen,
Und kehrst doch stehts zu ihr zurück.
Sie ist mit Türmen, Kirchen, Gassen,
Dein unverlierbar letztes Glück.
Sie birgt der Jugend reinste Träume,
Sie schließt doch ein wie Mutterschoß.
Sie deht sich über alle Räume.
Und nimmer kommst du von ihr los.
So weit kannst du ja gar nicht gehen,
Daß du sie einmal ganz vergißt.
Ihr Bild wird dir vor Augen stehen,
Wo du auch immer weilst und bist.
So sehr kannst du ihr nicht entgleiten,
Daß dieses letzte Band zerreißt.
Weil, wo auch immer du magst schreiten,
Ein Pfeil steht, der - zur Heimat weißt.
© Wolfgang Federau
Banater Heimatland
Lebens- und Leidensweg der Banater Schwaben
Es lebt' ein fleißiger Menschenschlag
im herrlichen Banat,
den man vor vielen Jahren
dort angesiedelt hat.
Sie kamen aus deutschen Landen,
vom Schwarzwald und vom Rhein;
sie zogen zur Donau hinunter
und schifften in Ulm sich ein.
Sie suchten ein besseres Leben,
geführt von der Kaiserin Hand,
doch fanden sie nur Not und Elend,
Malaria und ein sumpfiges Land.
Die Ersten, bald fanden den Tod,
die Zweiten nur bittere Not,
erst später nach mühsel' ger Arbeit
dann fanden die Dritten, das Brot.
Als endlich der Boden war fruchtbar,
erblühte das herrliche Land,
durch reichlichen Kindersegen
und fleißige schwäbische Hand.
Noch mussten sie vieles erdulden,
durch Frondienst und Robot,
bis endlich kam die Freiheit,
die Erlösung aus bitterer Not.
Doch kam dann wieder nur Krankheit,
wie Cholera, Ruhr und die Pest.
In vielen schwäbischen Häusern
hielt der Tod, sein Erntefest.
Als all das war überstanden,
da griff man von neuem nun ein,
auf dem Felde, wiegt gold' ne Ähre,
auf den Hügeln da blühte der Wein.
Man glaubte, die schlechten Zeiten
für immer sind nun vorbei,
und fröhliche Kinderscharen
sangen Lieder, vom schönen grünen Mai.
Der fruchtbarste Boden der Erde,
er schenkte das Weißeste Brot,
die Menschen waren glücklich, zufrieden,
vergessen schien all ihre Not.
Doch währte auch dies nicht gar lange:
zwei Kriege erschüttern die Welt;
die Frauen versorgen die Heimat,
die Männer steh'n draußen im Feld.
Gar manches Weibe und Kindlein
alleine, stand nun auf dieser Welt.
Und als das Feuer erloschen,
die Welt in Trümmern nun lag,
war das ein trauriger Friede
so voller Weh und voll Klag'.
Gar manch junge Mutter
riss weg, man nun von ihrem Kind;
man schleppte sie nach Russland,
wo viele heut' noch sind.
Geschwächt von schwerster Arbeit
und kargem, russischem Brot,
so waren unsere Schwaben
vom Hungertode bedroht.
So manches junge Schwabenherz
fand dort, seine letzte Ruh;
so manchen Vater, manch Mutter
deckt Russlands Erde noch zu.
Der Heimat, sind viele nun entfloh'n,
in Angst vor dem grimmigen Feind;
so manche Familie zerissen
und niemals wieder vereint.
Nun sollte die Zeit endlich kommen,
das jeder in Frieden nun lebt,
und in der jungen Schwabenbrust
das Herze wieder höher schlägt.
Doch kommt nun, das schmähliche Ende
der Schwaben, im Banater Land,
es wird von Fremden belagert
wie Muscheln am Meersstrand.
Ob arm, ob reich, es wird enteignet,
vertrieben von Hof und Feld,
beschimpft und gar verachtet,
wer als Deutscher, sich bekennt.
Gepfercht in verschloßenen Zügen
man ganze Familien verschleppt.
Auch diese, fünf schweren Jahre
nicht jeder dort, hat sie überlebt.
Zerstreut auf endlosem Felde,
als Dach nur das Himmelszelt,
und das; nach sechs Jahren dann Frieden,
so zeigt man den Schwaben die Welt.
Zehntausend treue Schwaben
so ohne Wasser und Brot,
im eigenen Vaterlande,
sind wieder von neuem bedroht.
Ein Blick in die Speicher und Ställe,
ein Blick auf's brache Feld...
Das Werk, unserer Väter und Ahnen
wohl niemand, im Stande es hält.
Die Schwaben, sie fühlen das Ende
für sich, im Banaterland
und sehnen sich wieder zurück,
zurück in ihr Mutterland.
Wohl finden sie Friede und Freiheit
im neuen Heimatland,
doch manchmal noch schlaflose Nächte
in Sehnsucht an' s Banaterland.
O Heimatland, Banaterland,
wie sehr wir dich geliebt!
Wer weiß, ob irgendwann ein Volk
dir diese Liebe, gibt?!
O Gott, hilf deinen Kindern
und reich ihnen die Hand
und gib ihnen dein Segen
im neuen, deutschen Heimatland.
© Nikolaus Thöresz
Ich lass von meiner Heimat nicht
Ich lass von meiner Heimat nicht,
Was man auch sagen wollt‘,
Sie hebt vor allen anedren sich
Heraus wie echtes Gold.
Lass blüh’n das Glück auch anderwärts
In reich’rer Farbenpracht,
Ich weiß, wie in der Heimat mir
Die Sonne nirgends lacht.
Ich lass von meiner Heimat nicht,
Sie birgt das Elternhaus,
Vor diesem stillen Heiligtum
Zieh‘ ich die Schuhe aus.
Da ist ein jeder Ort geweiht,
Nichts Heil’gres gibt’s wie das,
Da wird auch ohne Priesterwort
Mein Aug‘ von selber nass.
Ich lass von meiner Heimat nicht,
Was kommen will und mag,
Und bräche jählings auch herein
Heut schon der jüngste Tag.
Ich weiß, es wird die ganze Welt
Zu Staub und Rauch verwehn,
Nur mein geliebtes Heimatland wird
Als Stern gen Himmel gehn.
© Johanna Ambrosius
Sucht ... die Wiener
Die Erinnerung ist ein schlampiger Walzer
ohne Wirbel der Himmel
unter mir grünes Wasser
in ausufernden Kleidern
lümmeln Trauerweiden
am 1. Mai dampften Lieder
kitzelten am Schiffsbauch
am liebsten fahr ich mit der
Elektrischen über die Buckel
und Lücken
ihr Atem steigt ein und aus
im Balkanon der Gassen
ein schlampiger Walzer ihr Gang
...
© Katharina Eismann
Im Schatten des Doms
Barocker Stuck - lieblich verspielt,
geschwungene Giebel,
Säulen aus Marmor,
auf breitem Podest.
Ein Fest der Sehnsucht
nach innerer Heimat,
dem Domplatz,
ein Denkzettelschatz,
verankert in meiner Seele
vertrautes Pflaster,
ein Laster,
aus kindlicher Heiterkeit,
Sorglosigkeit,
Heilige Dreifaltigkeit.
Die Glocken tönen
immer noch dumpf,
unheilverkündende Schwingen
sie dringen
so tief in mein Herz,
ein Schmerz vergangener Jahre,
ein Opfer
auf dem Altare der Zeit
verloren gegangener Kindheit!
Wo bleibt ihr entehrten
Wegesgefährten,
verstreut
in der Welt
voller Geld?
Sucht ihr wie ich,
das goldene Vlies
im Paradies
der Verlockung,
betört durch listige Barden?
Die roten Farben
der Dankbarkeit,
des innig nostalgischen Stroms,
liegen noch immer,
verankert im Geist,
verborgen
im Schatten des Doms!
© Ernst Temeschburger
Temeswarer Gassen
In alten Temeswarer Gassen
Hab ich mein Herz gelassen,
an alten Fassaden
und Wänden,
berührt ihr’s
mit euren Händen,
auf alten Gängen und Stiegen
Da seht ihr’s
zuckend liegen.
Und immer zieht’s im Traum mich hin,
dass ich bei meinem Herzen bin…
in alten Temeswarer Gassen
hab ich mein Herz gelassen.
​
​
© Else Kornis
Noch einmal
Noch einmal möcht’,
Ich die Heimat sehn,
Noch einmal die trauten Wege gehen,
Noch einmal die Heimaterde fühlen,
Meine Hand in Weichem Wasser kühlen.
Noch einmal möcht’,
Ich Kirschen vom Baum holen,
Durch den Garten gehen
Auf nackten Sohlen,
Noch einmal einen Feldblumenstrauß Pflücken,
Mich schnell um einen Glücksklee bücken.
Noch einmal möcht’,
Ich ein Kränzchen winden,
Den Weg zur Fronleichskapelle finden,
Noch einmal die Schritte
Zum Friedhof lenken,
Um unseren Entschlafenen zu gedenken.
Aber oftmals möcht’,
ich mich der Heimat erinnern,
Die noch hellwach ist In meinem Innern.
Ewig möchte ich Ihr danken,
Dass ich glücklich bin –
In Gedanken.
© Margarethe Mayer
Unsere Banater Heide
​
Ich möchte mir im neuen Jahr
Viermal
Die Banater Heide kaufen
Einmal im Frühjahr
Wenn sich die Natur
Wie ein Kind
Dem morgens die Sonne ins Bett scheint
Den Schlaf aus den Augen wischt
Einmal im Sommer
Wenn sie sich in ein Fruchtmeer
Ohne Ende verwandelt
Und vor dem Schnitt
Ein Rauschen zu hören ist
Wie in keinem Wald auf dieser Erde.
Einmal im Herbst
wenn sie alles
was sie auf und in sich hat
verschenkt
und sich dann hinlegt
um wieder Saft und Kraft zu sammeln.
Und einmal im Winter
wenn mich die Schneedecke
an die weiße Daunendecke
meiner Mutter erinnert
die ich mir immer bis an die Augen gezogen habe
wenn die Scheiben voller Eisblumen waren
und dann möchte ich einen geschickten Tischler suchen
und möchte sie mir
viermal einrahmen lassen
für morgen
und für übermorgen,
für alle Zeiten
und für alle die sie lieben
so wie ich
unsere Banater Heide.
© Nikolaus Berwanger
​
Heimatortgemeinschaft im Doppelpack
Es ist schon längst weit und breit bekannt
Sagt man Blumenthal, wird sogleich auch Fibisch genannt.
Banater Schwaben begegnet man heute in aller Welt,
Sie wurden vertrieben ohne ihr Eigentum und ohne ihr Geld.
Und was dem Krieg an Unrecht ist nicht gelungen,
das haben die Herrscher im Banat ohne Rücksicht erzwungen.
Was unsere Banater Vorfahren haben alles vollbracht,
Das haben sich andere bedenkenlos zu Eigen gemacht.
Nicht nur in Deutschland, Österreich oder anderswo in Europa,
nein, auch in vielen Staaten von Süd- und Nordamerika,
Fanden unsere Banater Schwaben ihr Heimatland
Und hatten diese schon längst als ihre neue Heimat anerkannt.
Begegnen sich Banater Schwaben in ihrer Urheimat,
Erinnert man sich gerne an die unvergessenen Heimat, Banat.
Die Frage von welchem Dorf der eine oder der andere kommt,
Davon bleibt bei den Banater Schwaben keiner verschont.
Sagst du dann ich bin im Banat in Blumenthal geboren,
aha, „am Arsch die Halbscheit is vun Fibisch“ klingt es in deinen Ohren.
Aber wer kann diesen Zwischenruf denn heute noch bestreiten,
Die hatten doch schon immer was gemeinsam, die beiden.
Der Sitz der großen Herrschaft war in Blumenthal,
Ihre Felder reichten weit über das Fibischer Sauerwassertal.
Der Kirchturm in Blumenthal hat die Herrschaft bestellt,
den Fibischer gleich eine neue, schöne Kirche erstellt.
Das Pfarrhaus wurde von den Blumenthalern konstruiert,
Von wo aus der Pfarrer wurde nach Fibisch kutschiert.
Der Markt befand sich in Fibisch an einem dafür geeigneten Ort,
Die Blumenthaler besuchten ihn häufig und kauften auch viel dort.
Die wenigen Beispiele zeigen uns allen doch ganz klar
Dass Blumenthal mit Fibisch immer im Doppelpack war.
Da fragt man sich heute und will es kaum verstehen,
War nicht schon immer fällig, vereinigt die Zukunft zu bestehen?
© Peter Mildenberger
Unverlierbare Heimat
Wer die Heimat kannte,
die ich Heimat nannte,
der verlor sie nicht;
tief ins Herz geschrieben
ist sie ihm geblieben
wie ein Seelenlicht.
Nichts hab ich besessen,
doch auch nicht vergessen,
alles blieb bestehn.
All der Blumen Düfte,
Vogelsang der Lüfte
können nicht vergehn.
Warum soll ich trauern
um zerfallne Mauern,
die mir nie gehört?
Heimat ist im Innern,
bleibt drum unzerstört.
Wer die Heimat kannte,
die ich Heimat nannte,
der verliert sie nie;
tief ins Herz geschrieben
ist sie ihm geblieben
eine Herzensmelodie.
© Jakob Wolf
Zwischen Heimat und Heimat
Großvater ruht in Heimaterde,
Tausend Kilometer östlich von hier.
Großmutter ruht in Heimaterde,
Tausend Kilometer westlich von ihm.
Ein Bild von beiden
Ziert sein Grab,
Tausend Kilometer
Östlich von hier.
Blumen für beide
Zieren ihr Grab,
Tausend Kilometer
Westlich von ihm.
Das Jahrhundert der Gräber
Geht langsam zur Neige.
Zwischen Heimat und Heimat
Wachsen endlose Weiten.
© Anton Potche
Abendrot
Den nicht erfüllten Träumen,
auf Josefstädter Straßen,
der rot erstrahlten Sehnsucht
in den Gassen,
hab ich in Maßen,
an Abenden, die Zeit vergaßen,
die Köpfe abgemäht.
Nun streuen sie,
voll überdreht,
die letzte Farbenpracht
im Doja-Park,
gereiht aufs dunkle Blumenbeet
ins Lichte ihrer Herzen,
in die Nacht hinaus –
Erneut ein Spiel der Sehnsucht
am Seelenklavier der Einsamkeit,
das als verloren hingenommen,
den Neubeginn des Tages trübt,
total verrückt
nach dir.
​
© Renate Radetzki
Wandteller
Ein Gruß aus wohlvertrautem Land
hängt jetzt
an meiner Zimmerwand
und spricht:
gedenk der Zeit
der reichen Lese, reicher Saat
im südlichen Banat.
Ein Teller ist zu mir gerollt,
mit bunten Farben,
etwas Gold,
wer ihn in dieses Land gebracht,
hat sicher nicht daran gedacht,
dass er mir
solche Freude macht.
​
​
© Else Kornis
Temeswar
Und manchmal,
wenn mein Herz
vor Sehnsucht schmerzt,
denk ich zu viel
an Jugendstil,
an Brückenbögen,
Unvermögen,
unsre alten
Kirchenzeiger anzuhalten,
die barocken
Kirchenglocken,
mit Geläut Heimat frohlocken,
hüllen mit dem süßen Klang,
wie ein heiliger Gesang
goldgelockter Engelein,
den gesamten Kirchplatz ein.
Domplatz und Artesibrunnen,
in mein Herz tief eingedrungen,
grüne Parks und Lloydzeile
legen sich in Windeseile,
brüchiges Seelengemäuer,
alles was uns lieb und teuer
scheint so fremd,
so ungeheuer
anders;
Neuer Wind weht in den Straßen,
fremde Nasen
grasen frech,
bedeutungslos,
achtungslos gelöst
von Bräuchen und Respekt,
Gestalten, Gesichter und Gesten
gleichermaßen
die besten,
die furchtlos passen
und unsere heile Welt
vergaßen!
​
​
© Ernst Temeschburger
Banater Schwabenzug
Es zogen einst in Scharen
Viel Menschen ins Banaterland,
per Schiff, mit Pferd und Wagen
der Schwabenzug wurd er genannt.
Sie rodeten und gruben
und bauten Dörfer auf
sie pflügten und sie säten,
und ordneten der Flüsse Lauf.
Sie hielten hoch in Ehren
der Ahnen Brauch und Sitte,
sie bauten Schulen, Klöster,
die Kirch in Dorfes Mitte.
Durch ihrer Hände Arbeit
entstand ein blühend Land.
Der Weizen und die Weine,
sie waren weltbekannt.
Der letzte Krieg hat viel zerstört,
in Scherben lag die Welt.
So mancher junge Schwabensohn
fiel an der Front als Held.
Und viele sind geflüchtet,
mit wenig Hab und Gut,
zurück ins Land der Ahnen
ging nun der Schwabenzug.
Der Rest verschleppt in Rußlands Lagern,
und andre in die Steppe verbannt,
wir waren plötzlich Feinde,
in einst so schönen Heimatland.
Wen wunderts, daß wir zogen,
voll Hoffnung in das Mutterland,
wir hatten keine Zukunft,
mehr im Banater Land.
Doch sollt hier jemand fragen
woher und wer ihr seid,
erzählt eure Geschichte
der Schwaben Kampf und Leid.
Und sagt es euren Söhnen
und auch dem Enkelkind,
denn keiner muss sich schämen,
dass wir Banater Schwaben sind.
​
© Ernst Temeschburger
Mein Heimatland
Das Land, wo meine Wiege stand,
wo Wohl und Weh mein Herz empfand,
der junge Tag mir zugelacht,
als ich in Mutters Arm erwacht,
der Wachtel Schlag, der Lerche Sang,
mir in die zarte Seele klang,
und all der Fluren holdes Grün
als eine Zauberwelt erschien
Das Land, das ist das schönste Land!
O Heimatland! Banater Land!
Gott segne dich, der segnen kann,
er segne Kind und Weib und Mann!
Und ist die Welt voll heitrem Glück:
mich zieht es stets zu dir zurück.
Ich mag in dir, mag ferne sein:
mit Lieb und Sehnsucht denk ich dein.
Ich steh zu dir in Freud und Leid,
mein ganzes Sein ist dir geweiht.
Und sterb ich einst nach diesem Los,
sei du mein zweiter Mutterschoß!
O Land, du allerschönstes Land!
Mein Heimatland, Banater Land!
Auf Erden ist kein Land dir gleich,
als wärst du selbst das Himmelreich!
​
Verfasser unbekannt
Dein Gesicht
Wenn ich an Temeswar denke,
leuchtet mein Seelenlicht heller,
mein Herz schlägt schneller
im Rhythmus der Bilder,
die meinen Geist fluten.
Ein wilder Gebirgsbach,
der klar, frisch und stürmisch
ins offene Tal strömt,
spöttisch verhöhnt
von wuchtigem Stein.
Türme, Tore und Plätze
und all die historischen Schätze,
Domplatz,
vermengt mit tiefem Gefühl,
drängen sich kühl,
in die Keller
meiner aufgewühlten Erinnerung.
Über all den barocken Bögen, den Simsen,
im rötlichen Abendlicht,
seh‘ ich deine rehbraunen Augen,
auf dem prunkvollen Dom,
auf den Kuppeln und Giebel,
im dämmernden Licht,
seh‘ ich nur dein Gesicht,
…nur dein Gesicht!
​
​
© Ernst Temeschburger
Die Stadt
Rom ist die ewige Stadt
Prag ist die goldene Stadt
Paris ist die Stadt des Lichts,
Wien ist die Stadt der Musik.
Sie alle sind groß und schön,
Sind berühmt und bekannt
Und von vielen Menschen
Als sehenswert anerkannt.
Es gibt eine Stadt die für mich
Zugleich die Stadt der Musik,
des Lichts und der Ewigkeit
ist und immer war,
das ist meine Heimatstadt
Temeswar.
​
​
© Alexandrina Paul
Temeswarer Kastanienallee
Komm laufe mit mir
durchs rostige Laub
und scheuche mit mir
den herbstlichen Staub auf,
der ganzen Kastanienallee.
Wir kicken sie alle weg,
die braunen Kastanien
und atmen tief ein,
die welkende Luft,
den Duft,
von September,
im sinkenden Sonnenschein.
Es riecht nach goldenem Herbst,
nach feuchtem Ruß
und nach Asche,
als sei es,
ein verwunschener Geist,
aus der Flasche,
der Andenken wiederbringt;
mit Wehmut und Melancholie,
an meine Vaterstadt;
die vergesse ich nie!
Den süßen Erguss meiner Kindheit
das Kandisaroma der Jugend,
die ich in Achtlosigkeit
verprasste
und jetzt nur noch,
mit Behutsamkeit,
ertaste.
Als suchte ich mehr,
als welkende Blüten
im sterbenden Gras,
als rostige Blätter,
wie liebe ich das,
ein Taschentuch,
dass jemand vergaß…
Belanglosigkeit,
auf der anrüchigen Strass‘
der uns gnadenlos ereilenden
Vergänglichkeit.
​
© Ernst Temeschburger
Temeswarer Friedhof
Die Tropfen
auf dem schwarzen Marmor
stammen vom letzten Regen.
Zerronnen,
wie Tränen, die der Himmel weint
auf die Gräber
unseres Daseins bitterer Wonnen.
Ein Zauber aus sterbendem Licht,
Ähnlich einem Engelsgesicht
auf dem Opfertisch unserer Sehnsucht.
Wie oft wurden unsere Tränen,
von Stürmen und Krieg weggefegt,
auch wenn wir bewegt,
für den Frieden unserer Seelen,
Kränze auf Gräber gelegt.
die Kreuze,
am Stein unserer Ahnen,
mahnen von endlicher Zeit,
Vergangenheit,
kein Stolz,
nur Traurigkeit hängt beharrlich
in den Schleierspitzen des Wahnsinns,
wie Sterne am Himmelszelt,
und erinnern uns täglich
dass auch wir
unsäglich kurz davor stehen -
dem uferlosen,
dunklen Abgrund der Welt.
​
​
© Ernst Temeschburger
Domplatz
Es regnet verwegen am Domplatz,
Tropfen benässen mein Haar,
Besessen vom Klang der Glocke,
Warte ich – wie wunderbar,
schlägt sie dann fünf Mal,
tief und vollendet.
Schwingend verschwendet sie
tausende Klänge und Wogen
bis ein leuchtender Regenbogen
mich weckt aus zerrinnendem Traum.
Wolkengebausche - der seidige Schaum
meiner Kindheit und Jugend,
Schwingt sich verspielt in mein Herz,
Sägt aber tief
am Erinnerungsschmerz ,
Scheiben aus Schönheit und Trauer,
Schnitten aus Wehmut und Schauer.
​
​
© Ernst Temeschburger
Stadtzentrum am Nachmittag
Aus „pflastersteine“- Temeswar 1982
die sonne über der fußgängerzone
ist nicht neu aber schön
weit
fußgänger hasten vorüber
die haben es eilig
sie sehen elektrisch aus
neue straßenbahnen
fahren hin und her
leute
die bimmeln und aussteigen
zwischen kathedrale und oper
säugt die wölfin aus stein
die zwei jungen aus stein.
​
​
© Horst Samson
Temeswarer Herbst
Heimwehkranker Abend im goldenen Herbst,
flimmernde Luft,
im Garten unserer Freunde,
dein sinnlicher Duft -
als ob du da wärst,
weht das Aroma reifer Früchte herbei,
die auf einem Tisch im Garten
in der Remus-Straße
einladend darauf warten
angebissen zu werden.
Und ich bin hingerissen,
vom fruchtigen Leckerbissen,
der bunt, saftig und fein,
duftet im Sonnenschein
Und ich atme tief ein,
als könnt ich Genuss, Duft und Begierde
speichern in ein Kämmerlein
meines heimwehkranken Gehirns.
Ach, könnte ich doch,
den Temeswarer-Herbst,
die Gedanken an Dich,
in eine Schublade verräumen,
die getäfelt in Samt und Brokat,
ein Patriarchat -
aus besessenen Träumen
immerzu betört,
nur mir,
vaterseelenallein,
gehört.
All meine schweren Gedanken,
die seligen Schranken
im wehmütigen Abendrotlicht,
sie ranken sich schlicht
doch vertraut,
um den Duft deiner Haut,
um deine Augen,
um deine Lippen,
um dein Gesicht.
Doch draußen bleibt es still,
nur der Doja-Park rauscht leise,
in der bekannten Weise
der Herbstmelodie,
wie der flüsternde Hauch
deiner Stimme,
die noch immer
in meinem Seelenbogen
spricht
​
© Henriette Stein
Unser Treffpunkt an der Bega
Ich warte auf dich,
an der Brücke,
am grünen,
langsam fließenden Fluss,
auf den Bühnen,
unserer zärtlichen Vergangenheit.
wo ich immer wieder hingehen muss.
Hier warte ich,
auf der ersten Treppe,
unten am Aufgang,
wo ich ihn dir stahl,
den ersten Kuss,
als unsere Liebe schäumte,
im Überfluss,
und keine Macht dieser Welt
kein Dämon und kein Geld,
es geschafft hätten,
unsere,
mit Lust übersäten
Seelen zu trennen.
Und heute rennen
wir ihr nach,
unserer großzügig vergeudeten Zeit,
die nur noch erinnernd
an unsere Vergangenheit,
wie wehende Fahnen,
unwiederbringlich,
verbrannte,
auf der Kante
unserer Zweisamkeit,
in der Geborgenheit
unserer tiefen Empfindung.
In den Windungen
unseres Geistes
lungert noch
unser tiefes Gefühl
eingebettet, verkleistert,
wie in einer Nebelnacht,
eingelullt,
uns süchtig gemacht
vor Glück,
unser Verlangen,
rosa verhangen,
immer im Chor,
zwei Schritte vor
und Jahre zurück.
Wo ist unsere Zeit geblieben,
wohin verschlug es dich,
wer entriss mir dich?
Weshalb hörte ich nichts mehr von dir?
Warum spricht – über dich – keiner mit mir?
Die Zugehörigkeit,
unserer Lippen,
ist leider vertan,
ich könnte
so wie im Wahn,
verrückt, daran nippen
und suchte zarte Weiblichkeit,
den Kirschmund ,
süße Bitterkeit,
wo unsere Münder sich trafen
im Hafen unsrer Sehnsucht
im hellen,
romantischen Mondlicht.
Genau hier
am Brückenaufgang,
warte ich
und bleibe in Sicht!
Du kommst doch,
oder nicht?
​
© Ernst Temeschburger
Frieden
Gedankenversunken,
schreite ich über den Domplatz.
Meine Schritte hallen laut
auf dem Pflaster,
dass mir vertraut,
nostalgisch schmeichelt,
mich mit Ruhe verwöhnt,
meine Gedanken versöhnt
und mich heiter stimmt;
so lange
bis die Domkirchenglocken
zwar wohlgesinnt,
läuten,
doch meine Ruhe stören
und mich überlegen lassen,
ob der dumpfe Klang
nun wirklich Unheil verkündet,
oder uns nur zyklisch daran erinnert,
wie die Zeit zerrinnt,
wie klein und unscheinbar wir sind,
wie bedeutungslos unsere Sorgen
auf dem Talar des Lebens wiegen,
im Vergleich zum großen Schmerz der Welt
dem Elend und Leid,
dem wir nichts entgegensetzen können,
als Hoffnung,
dass unser Frieden
und das,
was uns antreibt,
erhalten bleibt!
​
© Ernst Temeschburger