Heimatblatt 2003 (Auszug)
Zwei erfrischende Schwestern – Temesch und Bega
Die beiden Flüsse, die die Kulturlandschaft Banat bestimmen
von Helmfried Hockl
Was dem Deutschen ganz allgemein der Rhein und die Donau, dem Schwaben der Neckar, dem Bayern die Isar und dem Franken der Main, das sind dem Banater die Temesch und die Bega, auch wenn sie mit ihren 341 bzw. 254 Kilometern weitaus geringere Ausmaße haben. Während die Temesch (rumänisch Timi¥), von ihrem Urquell im Ostbanat südwestwärts fließend, den direkten Weg in die Donau nimmt und bei Pantschowa (serbisch Pancevo) mündet, wählt die langsamere Bega bei Titel den Umweg über die Theiß (rumänisch Tisa), um dann nach kurzer Strecke doch mit den Fluten des zweitgrößten europäischen Stromes vereint zu werden.
Während die größere Schwester der ganzen Landschaft (im 18. Jahrhundert sprach man vom Temescher Banat) und sogar der Provinzhauptstadt Temeswar/Temeschburg (rumänisch Timi¥oara) ihren Namen gab, verlieh die kleinere und bescheidenere Bega keiner Region und keiner Ortschaft ihren einfachen, aber wohlklingenden Namen. Zu Unrecht, denn der Fluss, der die Banater Metropole tatsächlich durchfließt, ist nicht die Temesch, sondern die Bega. Die Temesch fließt nämlich zehn Kilometer weiter südlich. Zur Namensverwechslung kam es schon im frühen Mittelalter durch die zahlreichen Überschwemmungen der stellenweise ganz nahe beieinander liegenden Flüsse, die überdies durch zahlreiche Wasseradern miteinander verbunden waren und besonders während der häufigen Überschwemmungen ein schier unentwirrbares Wassernetz bildeten: So kam es, dass die Bega lange Zeit hindurch als Kleine Temesch bezeichnet wurde, eine Bezeichnung, die auch die Kartographen bis hinein ins 18. Jahrhundert verwendeten, wie der abgebildete Stich zeigt. Erst mit Beginn der Kolonisation durch die Habsburger, etwa ab 1720, wurden die beiden Flüsse von den habsburgischen Ingenieuren Schritt für Schritt reguliert und gezähmt. Die Bega aber musste sich fortan nicht mehr einem fremden Namensdiktat beugen.
Obwohl sie beide im Banater Bergland entspringen und die gleiche Landschaft durchqueren, haben die beiden Flüsse einen recht unterschiedlichen Charakter. Die größere Schwester Temesch ist seit eh und je schneller, temperamentvoller, ihr Wasser frisch, hell und klar. Da es ein außerordentlich schwieriges und aufwändiges Unterfangen wäre, sie zu kanalisieren, ist sie bis heute für größere Schiffe unbefahrbar und somit weitaus naturnah geblieben. Aber weil sie nicht reguliert ist, schwankt ihr Wasserstand erheblich: Im Frühjahr tritt sie oft über die Ufer, um im Hochsommer zu einem dünnen Rinnsal zu schrumpfen.
Wegen ihrer guten Wasserqualität war und ist sie bis heute ein beliebtes Ausflugsziel für Badefreunde, zumal ihre Ufer reich an schön gelegenen Sandstränden sind und ihre Auenlandschaft attraktiv geblieben ist. Darüber hinaus ist die Temesch dank ihres Fischreichtums ein Anglerparadies. Nach wie vor ist sie ein guter Lieferant von Kies und Sand, wobei letzterer jedoch nicht so feinkörnig und damit qualitativ nicht so wertvoll ist wie der Begasand, der aufgrund jahrzehntelanger intensiver Ausbeutung und durch das Ausbleiben des Hochwassers nur noch spärlich vorhanden ist.
Die Bega wird dafür schon immer als langsam und träge bezeichnet – kein Wunder, bei durchschnittlich nur 18 Zentimetern Gefälle pro Kilometer. Der ungarische Nationaldichter Ady Endre (1877-1919) beschrieb sie sogar als „traurig und schlaff“. Ihr Wasser ist trüb und von undefinierbarer, bräunlich-dunkelgrüner Färbung. Es scheint, obwohl gefiltert und gereinigt, weder den Menschen bekommen zu sein, die im 18. Jahrhundert über eine Holzrohrleitung ihr Trinkwasser aus der Bega bezogen, noch den Fischen, die sich auch heute noch recht spärlich in der nach schweren Regengüssen und Überschwemmungen lehmigen, dickflüssigen Flut tummeln. Reisende jener Zeit berichten immer wieder vom ungesunden Aussehen – fahle, gelbliche Gesichtsfarbe, fiebrig glänzende Augen – der Stadtbewohner, was die Ärzte nicht nur auf das Sumpfklima zurückführten, sondern in gleichem Maß auf das ungesunde Trinkwasser. Denn viele Brunnen in der Stadt hatten ungenießbares, durch das Sickerwasser der Sümpfe verseuchtes Wasser.
Aber trotz ihrer Langsamkeit und ihrer geringeren Wasserqualität steht die Bega seit der Kolonisation dem Menschen näher als ihre quirlige Schwester. Der Hauptgrund dafür ist die Stadt an ihrem Ufer, die seit jeher das Zentrum dieser Landschaft bildet. Sie ist es bis heute geblieben, obwohl Temeschburg in seiner fast 750jährigen Geschichte immer wieder verschiedenen Staaten angehörte: im Mittelalter dem Ungarischen Königreich, danach
Temeswarer Eindrücke im Frühjahr 2003
von Dr. Hans Gehl
Wie bereits früher erwähnt, plante der Schubert-Chor mit viel Optimismus einen Auftritt in der alten Heimat. Diese Konzertreise in seinen früheren Wirkungsbereich wurde im April 2003 durch Selbstfinanzierung der Teilnehmer erfolgreich durchgeführt. Bekanntlich hatte der stetige Mitgliederschwund infolge der Aussiedlung 1989 zur Auflösung des Schubert-Chores in Temeswar geführt. In Deutschland sind die ausgesiedelten Sänger in allen Herkunftsgebieten der Banater Ansiedler, von Aachen bis Freiburg und von Frankenthal bis Passau zerstreut und hatten anfangs die materiellen und sozialen Schwierigkeiten der Eingliederung zu bewältigen, die wir alle kennen. Dennoch geschah das Unerwartete: Viele Chorsänger folgten dem Aufruf des Dirigenten Adrian Nuca-Bartzer und bereits am 23. November 1985 konnte ein Parallelchor gegründet werden, der die Traditionen der Banater Singgemeinschaft trotz des einzigen, selbst finanzierten Probenwochenendes im Jahr weiterführte und von anfänglich 25 auf heute wieder 80 Sängerinnen und Sänger anwuchs und so das Banater Chorlied in zahlreichen Konzerten weiter pflegte.
Ein Höhepunkt seit der Neugründung in Deutschland war die Konzertreise nach Temeswar, an deren Vorbereitung und Zustandekommen die Sängerin Helmine Buchsbaum (Nürnberg, früher Lehrerin an der Lenau-Schule) in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Temeswarer Seniorenheims AMG, Helmuth Weinschrott, und der Nürnberger Reisefirma Pletl maßgeblich beteiligt war. Allerdings gab es für diese Kulturveranstaltung keinerlei Förderung und ohne den bekannten Idealismus und das herzliche Zusammengehörigkeitsgefühl der Chorsänger wäre die Selbstfinanzierung der gesamten Reise wohl kaum erreicht worden. Nachdem sich alle Teilnehmer am Nürnberger Treffpunkt eingefunden hatten, begann die Hinfahrt am Ostermontag, den 21. April, und endete Dienstag Morgen vor der Temeswarer Jugendherberge (dem früheren Heim der Lenau-Schule), wo die Gruppe untergebracht und verpflegt wurde.
Im Vergleich zu den Krisenzeiten in Rumänien vor 1989 war das Essen reichlich und ausgewogen. Auch die Aufbruchstimmung in unserer alten Stadt war nicht zu übersehen. Kürzlich wurden die gesamten veralteten Rohrleitungen in den Temeswarer Hauptstraßen ersetzt, was zu einer Beeinträchtigung des Straßenbahnverkehrs geführt hatte. Während unserer Anwesenheit waren alle Linien vom Stadtzentrum in die Fabrikstadt und Josefstadt schon wieder in Betrieb und in der Doja-Gasse erfolgte gerade eine Probefahrt unter Beteiligung des Bürgermeisters. Bei den Erneuerungsarbeiten wurden die Schächte zur Ableitung des Regenwassers und Gruben zur Anpflanzung von Baumalleen nicht vergessen. Korso und Domplatz sind besonders gepflegt. Besonders gefällig ist die Eingrenzung des Brunnens vor dem Dom und der Dreifaltigkeitssäule. Die Stadtmitte von Temeswar kann heute den Vergleich mit einer durchschnittlichen deutschen Stadt aufnehmen. Nicht geregelt ist freilich der Pkw-Verkehr. Trotz der sprunghaft angestiegenen Menge an mangelhaft anmutenden privaten Verkehrsmitteln fehlt vor allem in den Vorstädten eine sinnvolle Verkehrslenkung durch Markierung der Fahrstreifen und Parkplätze, so dass zum Beispiel um den Heumarkt die Vielzahl der kreuz und quer parkenden und drängelnden Kraftwagen ein Durchkommen selbst für die Straßenbahn fast unmöglich macht. Und wenn man von rücksichtslosen Lkw-Fahrern liest, die bei Rot durchfahren und alte Fußgänger auf dem Zebrastreifen niederwalzen, so ist man froh, nicht in dieses Verkehrschaos eintauchen zu müssen. Straßenbahn- und Taxifahrer haben gelernt, wie sie durchkommen können.
Auf den Marktplätzen und in den Läden ist die Menge und Auswahl der angebotenen Waren beeindruckend und steht in keinem Verhältnis zu unseren Erinnerungen aus den mageren 1980er Jahren. Das penetrante „nu avem“ gibt es jetzt nicht mehr, doch die stolzen Preise sind eine Herausforderung für die meisten Rentner (Monatseinkommen unter 100 €) und auch für die meisten Normalverdiener. Viel zu hoch sind auch die Beförderungspreise in den öffentlichen Verkehrsmitteln, etwa eine Tageskarte für das Straßenbahnnetz 50.000 Lei (d.h. 1,37 €), eine Monatskarte entsprechend höher. Was Wunder, wenn viele Fahrgäste es vorziehen, schwarz zur Arbeit zu fahren und ggf. dem Kontrolleur ein Bakschisch zu geben, das nur einen kleinen Teil des offiziellen Fahrpreises ausmacht. Kleine Strecken geht man am liebsten zu Fuß und spart das Fahrgeld. Das öffentliche Leben spielt sich ja weiterhin auf den Straßen der Stadt und auf dem Dorf im Bauernhof ab.
Natürlich führte der Weg aller Sänger zu ihren Wurzeln, das heißt zu Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen und zu den Gräbern ihrer Verstorbenen. Auch das Erscheinungsbild der schwäbischen Dörfer hat sich grundlegend geändert; man muss sich an das Neue gewöhnen.
Nor wann eener des schen rein schwowisch Dorf, des wo in de Romane beschrieb is un des wo die Alde auch noch so in der Erinnrung han, suche sellt, der werd sehr entteischt, so etwas gibt es jo heit im Banat nirgends meh. In manche Ortschafte lewe noch paar Schwowe, iwrich geblieb sin awer iwerall die Kerche un die Friedhef, aa manches schenes, großes schwowisches Baurehaus, des Zeignis davun ableet, was die Schwowe mol im Stand wore, vor em Kriech ...“
Diese Eindrücke von den früheren Wohnorten mussten von den Schubert-Chorsängern bereits am Dienstag, dem Ankunftstag in Temeswar, gesammelt werden, denn der Mittwoch und Donnerstag Vormittag waren intensiven Chorproben vorbehalten. Während einer Pause stellte Frau Helene Weinschrott, in Vertretung ihres Mannes Helmuth Weinschrott, den Gästen das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus und das gepflegte AMG-Seniorenheim vor. Die Bewohner des betreuten Heims fühlen sich wohl in dieser Geborgenheit inmitten deutscher Nachbarn, was auf den Dörfern nicht mehr der Fall war, bevor sie im Seniorenheim Aufnahme fanden. Die Förderung durch die Deutsche Bundesregierung sichert weiter die Betreuung und soziale Pflege der betagten Heimbewohner. Vor dem Einwanderungsbild von Stefan Jäger, im Foyer des weithin sichtbaren „weißen“ bzw. „deutschen Hauses“, wie es der Temeswarer Bevölkerung bekannt ist, bot eine Angestellte des Deutschen Forums importierte breite Kerzen und anderes Zubehör an, denn die orthodoxen Ostern standen vor der Tür.
Natürlich gibt es wieder Osterferien für alle Werktätigen und andere rumänische Bürger. Es wurde berichtet, dass manche klugen Studenten gleich doppelt feierten: Die orthodoxen Ostern sowieso und auch die katholischen Osterferien dürfen sie beanspruchen, wenn sie oder ein Familienmitglied nachweislich katholischer Konfession ist. Da treibt die interkulturelle Freiheit doch seltsame Blüten. Doch besser so, als dass der „beauftragte Genosse“ vor der Kathedrale steht und fleißig alle Studenten notiert, die an der Auferstehungsfeier teilnehmen, um sie in den folgenden Tagen einer „scharfen Kritik“ zu unterziehen.
Die Lenau-Schule, wo ebenfalls eine Chorprobe stattfand, ist heute anders als viele sie in Erinnerung haben. Wir erlebten sie wegen der Osterferien ohne pulsierendes Leben und die Absolventenbilder zeigen fremde Gesichter und Namen. Auf der Lloydzeile warben aufgestellte Plakate für das 50-jährige Jubiläum des 1953 gegründeten Ungarischen Staatstheaters. Vom Deutschen Theater, das inzwischen auch mit substanziellen Fördermitteln gefeiert wurde, war nichts zu sehen, nur aus dem Saal erklangen Renovierungsgeräusche. Einige deutsche Neuerscheinungen können beim Sitz des Demokratischen Forums im AMG-Haus erworben werden. Die Buchhandlungen führen nur vereinzelt und antiquarisch deutsche Titel, denn kein pragmatisch denkender Verkäufer würde Geld in den Ankauf von Waren investieren, für die sich voraussichtlich kein Käufer findet. Und wer kauft schon heute in Temeswar deutsche Bücher? Obwohl, es gibt ja eine Lenau-Schule und eine Germanistik-Hochschule... Und laut der Volkszählung von 2002 leben heute von den 60.088 Rumäniendeutschen die weitaus meisten in der Region Banat, nämlich 25.303 (in Siebenbürgen dagegen 18.569), im Kreis Temesch 14.229 (gefolgt vom Kreis Hermannstadt mit nur 6.608 Deutschen) und in der Stadt Temeswar selbst 7.142. Zum Vergleich: die Anzahl der deutschen Einwohner beträgt in Reschitza 2.695, in Hermannstadt 2.532 und in Arad 1.749.
Das Chorkonzert, das Donnerstag, 24. April, im voll besetzten Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses stattfand, war durch eine Mitteilung in der ADZ (BZ) vom 16.04.2003 („Schubertchor auf Besuch“) und eine Mittwochsreportage von Frau Ingrid Schiffer in der deutschen Sendung des Temeswarer Rundfunks angekündigt worden. Diese Medien scheinen noch gut zu funktionieren. Konzertplakate hatte der Chor selbst gedruckt und mitgebracht. Und der Eintritt zum Konzert war auch frei. Stellvertretend für den verhinderten Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, Prof. Dr. Karl Singer (dessen Gattin und Tochter anwesend waren) begrüßte sein Stellvertreter, Horst Martin, die Gäste und drückte im Namen des Publikums die Freude der Temeswarer über das Wiedersehen mit der ehemals beliebten deutschen Singgemeinschaft – und der Begegnung mit seiner eigenen Jugend – aus. Sichtlich gerührt antwortete der Chorleiter Adi Nuca-Bartzer und stellte den Werdegang des neuen Schubert-Chors vor. Er bedankte sich für die Gastfreundschaft des Banater deutschen Forums, für die organisatorische Hilfe bei Herrn Helmuth Weinschrott, dem bewährten Leiter des AMG-Seniorenheims, und für das Engagement seines Studienkollegen Radu ¥aga, heute Musiker an der Temeswarer Philharmonie, der qualifizierte Instrumentalkünstler und eine Pianistin für das Konzert vermittelt und sogar sein eigenes Klavier zur Verfügung gestellt hatte, da im AMG-Haus kein Klavier für die Chorbegleitung aufgetrieben werden konnte. Wie würde ein deutscher Kollege wohl in so einem Fall reagieren? Vermutlich bedauernd, aber persönlich zurückhaltend. Zu den Ehrengästen zählten der Opernchor-Dirigent Damian Vulpe, bis 1989 letzter Leiter des Temeswarer Schubert-Chors und Walter Kindl, Professor an der Temeswarer Musikhochschule und Domkapellmeister, sowie frühere Chormitglieder, die noch heute in Temeswar wohnen. Sie verfolgten das Konzert mit strahlenden Augen und sangen bei den meisten Musikstücken, von der Erinnerung an frühere Konzerte übermannt, leise mit.
Auf der Bühne standen 44 Sänger des ausgewogenen, vierstimmigen Schubert-Chors in der üblichen festlichen Konzertkleidung, darunter drei Gäste des Männerchors aus Kordel bei Trier, die ihrem Dirigenten zuliebe den langen Anfahrtsweg ins Banat auf sich genommen haben. Bariton Dieter Schmitz sang sogar den Solopart in „Schau, schau mal, wie’s regnet“, obwohl ihm als Rheinländer die bayrische Mundart nicht geläufig war; er musste den Text genauso lernen wie alle drei Rheinländer die Texte der schwäbischen Lieder. Das hätte sicher nicht jeder deutsche Sänger getan und es kann dem beliebten Dirigenten zugute geschrieben werden, der schon früher den Schubert-Chor mit dem Männerchor aus Kordel zusammengeführt und dadurch Chorgeschichte geschrieben hatte.
Das zweiteilige Konzert entsprach den besten Traditionen der Banater Liedgutpflege und wurde durch den „Festgesang“ aus der Oper „Iphigenie in Aulid“ von Christoph W. Gluck eingeleitet. Es folgten zwei Schubert-Vertonungen der Texte „Wohin“ und „Der Lindenbaum“ von W. Müller, danach „In stiller Nacht“ von Johannes Brahms, das „Abschiedslied“ von Johannes Brahms und N. Lenaus „Schilflieder“ 1 und 5, vertont von Richard Oschanitzky. Als Überraschungsgäste des Chors spielten die Temeswarer Musikstudenten R¥zvan Nichi¥ov und Radu ¥aga jun. als willkommene Ergänzung die Sonate für Fagott und Basso continuo von Benedetto Marcello, den Jägerchor aus der Oper „Freischütz“ von Carl Maria von Weber und schließlich Radu ¥aga jun. mit Klavierbegleitung durch Valentina Kohonitz das „Allegretto für Fagott und Klavier“ von Carel Pivonka. Zum Abschluss des ersten Teils erklangen von Emmerich Bartzer der Männerchor „Dein Auge“ und aus seiner Operette „Grüßt mein Banat“, das gleichnamige Abschiedslied „Mizzis“ der Wiener Mädchen (Frauenchor) mit der Solistin Irmgard Müller sowie der freudige „Begrüßungschor“.
Den zweiten Teil eröffneten die Lieder „Der Lenz“ von Nikolaus Lenau und „An den Frühling“ von Friedrich Schiller, in der Vertonung von Emmerich Bartzer, das Reschitzaer Volkslied „Schau, schau mal, wie’s regnet“ im Chorsatz von Viktor Loidl (Solist Dieter Schmitz) und das Volkslied „Im Mai“, vertont von Richard Oschanitzky. Die Nürnberger Singgruppe „Sunneren“ unter Hildegard-Barbara Müller bot ein Quodlibet von Volksliedern dar sowie das Banater Volkslied „Gretche, willscht du tanze gehn“, desgleichen als Dreigesang die Volkslieder aus Österreich bzw. aus dem Banater Bergland „Fein sein, beinander bleib’n“ und „Diandel, geh her zum Zaun“. Der Chor setzte das Konzert fort mit den Banater Volksliedern „Hem geh ich net“ von Emmerich Bartzer, „Die wahre Lieb“ von Franz Stürmer und „Horch, was kommt von draußen rein“ von Walter M. Klepper. Es folgten die Vertonungen der Volkslieder „Wenn mei Diandel“ von Franz Stürmer, des „Wanderlieds“ von Emmerich Bartzer auf einen Text von Peter Jung und „Zwa Sterndlan am Himmel“ ebenfalls im Chorsatz von Emmerich Bartzer. Als Zugabe nach lang anhaltendem Schlussapplaus erklang das Volkslied „Morgen will mein Schatz verreisen“, das diesmal der Wahrheit entsprach, und aus dem Saal erklang die herzliche Einladung „Kommt wieder nach Temeswar!“ Als zweite Zugabe wiederholte der Frauenchor mit der Solistin Irmgard Müller das Lied „Grüßt mein Banat“ mit dem Hinweis des Dirigenten, auf den Text zu achten.
Dieses war der ergreifendste Augenblick des Abends, ein Hochgesang auf unser Banat, bei dem so manches Auge im Publikum und im Chor feucht wurde. Als Zeichen des Dankes überreichte der sichtlich beeindruckte stellvertretende Vorsitzende des Banater deutschen Forums, Horst Martin, allen Sängerinnen und Sängern des Schubert-Chores ein Exemplar des „Deutschen Jahrbuches für Rumänien“ (eine Fortführung des früheren Neuer Weg-Jahrbuchs), mit einem Verzeichnis aller Ortschaften Rumäniens, die eine gängige deutsche Bezeichnung haben, sowie der Auflistung aller Gliederungen des Demokratischen Forums in Rumänien mit den Ansprechpartnern und ihren Anschriften. Der Kalenderteil bringt bekannte Stadtansichten aus dem Banat und aus Siebenbürgen, während der Leseteil viele historische und aktuelle Berichte umfasst.
In der Konzertpause und beim anschließenden Sektempfang durch die Gastgeber im AMG-Haus trafen sich wieder alte Bekannte und Freunde. Es wurden liebe Erinnerungen ausgetauscht und herzliche Wünsche übermittelt. Das Konzert war ein voller Erfolg und ein Gewinn sowohl für das Temeswarer Publikum als auch für die angereisten Sängerinnen und Sänger. Bezeichnenderweise ging die Sonne im Banat auf, als der Reisebus über die rumänische Grenze in Richtung Temeswar fuhr und sie ging im Westen unter, als er das Banat verließ, sagte der Chorleiter Adi Nuca-Bartzer auf der Heimreise ins Mikrofon und sprach seinen Sängerinnen und Sängern aus der Seele. Zwischen diesen zwei kosmischen Eckpunkten lagen ungemein viele nostalgische und anregende Erlebnisse und Gespräche. Unter dem Eindruck des Erlebten wurde eine weitere Konzertreise ins Banat trotz Terminschwierigkeiten, Selbstfinanzierung und starker körperlicher Beanspruchung durch die lange Fahrt nicht ausgeschlossen. Gewiss werden viele Temeswarer Chorgäste sehnsüchtig darauf warten...
In Nürnberg angekommen, verabschiedeten sich die Sängerinnen und Sänger voneinander mit der Gewissheit, beisammen zu bleiben und die nächsten Ziele ins Auge zu fassen. In den kommenden Jahren stehen Veranstaltungen zum 35-jährigen Bestehen des Temeswarer Franz-Schubert-Chors und zur 20-Jahrfeier seit seiner Neugründung in Deutschland an. An weiteren Anregungen und künftigen Begegnungen wird es gewiss nicht fehlen und bei einem möglichen weiteren Konzert in Temeswar wird auch das allgemeine Erscheinungsbild unserer Banater Metropole sicher besser als heute sein. Der gute Wille zu Erneuerungen ist jedenfalls vorhanden und wird der Stadt und ihren Bewohnern zugute kommen.
Prominenz zu Gast in unserer Stadt
Anekdotisches aus Temeswar von einst
erzählt von Robert Glatt
Die Metropole des Banats, Temeswar, bis 1892 auch Festung, hatte die Ehre einige prominente Persönlichkeiten als Gäste zu empfangen und zu beherbergen. Bereits Anno 1307 läßt König Karl Robert von Anjou auf dem Gebiet Temeswars ein Schloß durch italienische Meister erbauen und zwischen 1315 und 1323 residiert der Monarch im Schloß zu Temeswar. Der Wojewode von Siebenbürgen Johannes von Hunyad, wurde 1441 vom König Ladislaus zum Temescher Grafen ernannt, er ließ seine Truppen Winterquartier beziehen und veranlasst 1443, auf den Grundmauern des Anjou-Palastes ein neues Schloss zu errichten. Von Temeswar aus unternimmt Johann von Hunyad den schwierigen Feldzug auf den Balkan, der mit seiner Niederlage auf dem Amselfeld endet.
Die kaiserlichen Truppen, unter dem Kommando des Prinz Eugen von Sawoyen belagern am 25. August 1716 die Festung Temeswar, am 13.Oktober kapituliert die türkische Besatzung und am 18.Oktober findet der feierliche Einzug Prinz Eugens in Temeswar statt und beendet eine 166.jährige Türkenherrschaft im Banat. Am 1. November 1716 ernannte Prinz Eugen den General Claudius Florimund Graf Mercy zum Gouverneur der eroberten Provinz, mit Sitz in Temeswar. Im Jahre 1767 erfolgte der erste Besuch des Kaisers Josef II. in unserer Stadt, sowie 1773 der zweite Besuch des Monarchen. Kaiser Josef II. besuchte auch die heilige Messe in der Domkirche, wofür man einen Betstuhl mit Kissen und Tapeten geschmückt hatte. Als der Monarch dies sah, räumte er eigenhändig alles weg und sagte schlicht:” Vor Gott sind wir alle gleich.”
Der Komponist Johannes Brahms, als Dirigent und Pianist, zusammen mit dem Geiger Joseph Joachim, führten Konzertreisen nach Holland, in die Schweiz, nach Polen, Ungarn, Siebenbürgen und ins Banat. Am Abend des 15.September 1879 war der Redoutensaal in Temeswar zum Bersten voll und das dargebotene anspruchsvolle Programm war für das Publikum von großem Wert und ein besonderer Genuss. Als ein junger Komponist vorspielte, bot Brahms dem jungen Mann eine seiner guten Zigarren an. Dieser machte Anstalten, die Zigarre in seiner Brieftasche zu bewahren. Brahms fragte seinen Gast:” Warum rauchen Sie die Zigarre nicht ?” „ Aber diese ist ein Geschenk von einem verehrten Meister, die rauche ich nicht, die hebe ich mir zum Andenken auf“. „Geben Sie die Zigarre wieder her”! fauchte Brahms und holte das Etui mit den billigen, schlechten Zigarren hervor“. „ Als Andenken tun es diese auch, lieber Kollege !”
In der Zeit des Zweiten Weltkrieges war der Oberbefehlshaber des deutschen Operationsheers gegen Serbien, Generalfeldmarschall August von Makensen, Armeeführer auf dem Balkan mit seinem Hauptquartier zwischen dem 15.und 18. September 1915 in Temeswar und wohnte im Lloydgebäude. Mein Vater erzählte uns nicht ohne Stolz, wie er mehrmals den hohen Gast unserer Stadt mit seinem Adjutanten auf seinen Spaziergängen durch die Innenstadt aus nächster Nähe sehen konnte.
Es war im Jahre 1941 als der junge König Rumäniens Michael I. in unsere Stadt zur Einweihung der neuerbauten orthodoxen Kathedrale gekommen war. Mein Bruder Otto und ich waren auf einen Baum geklettert - wie viele andere Kinder und Jugendliche auch -, um so den Monarchen in der Menschenmenge beim Einzug in die Kathedrale zur Feier zu erblicken.
Zwischen den Jahren 1960 und 1980, war der Staatspräsident Jugoslawiens Josip Broz Tito mehrmals zu Staatsgesprächen und anschließender Jagd in den Reservationen in den Wäldern bei Cheveresch, Bruckenau oder Charlottenburg mit Diktator Ceausescu nach Temeswar gekommen. Wir, die meisten Bürger der Stadt mussten bei solchen Anlässen auf den Strassen Spalier stehen, den vorbeiziehenden hohen Gästen. Nach dem Tod Titos 1980, an der rumänisch-jugoslawischen Grenze zwei Grenzsoldaten. Sagt der rumänische Grenzer:” Nun ist euer Staatschef mit 82 Jahren gestorben.” Darauf antwortet der jugoslawische Grenzer :” Ja, leider, - aber wehe Euch, wenn euer Staatschef, Diktator Ceausescu, so lange lebt wie unser Tito!”